Ort

Lungomare

Kuratiert von
Mitwirkende
Recherche

Die nördlichste Provinz Italiens war bis in das 20. Jahrhundert hinein eine sehr bäuerliche Region. Bis auf die wenigen Städte, die damals schon etablierte Handelszentren waren, lebte der Großteil der Bevölkerung von der Landwirtschaft. Die bäuerliche Gesellschaft stellt heute einen nicht mehr so bedeutenden Anteil der Bevölkerung. Durch die Gebirgslandschaft, in der die Berghöfe mit unter sehr einsam liegen, werden alte Traditionen und Bräuche immer noch gelebt. Doch die Herkunft wird auch in einfacher zugänglichen Gebieten sehr gepflegt und die Traditionen, Bräuche und Trachten stolz bewahrt und gezeigt, auch wenn nicht immer bewußt ist, woher sie eigentlich stammen.

Für das Ausstellungsprojekt „translating tradition“ im Mai 2008 in der Galerie Lungomare wurden unterschiedlichste Traditionen ausgewählt, die unterschiedlicher Herkunft sind. Manche sind geografisch eingrenzbar auf wenige Täler, andere sind in ganz Südtirol oder sogar im ganzen Alpenraum zu finden.
Bei der Auswahl wurde darauf geachtet, das die Objekte auch Kommunikationsmittel für „stumme Botschaften“ darstellen. Bei manchen gilt dies jedoch nur als Zusatzfunktion.
Die gewählten Traditionen sprechen immer wieder kehrende Themen an, welche früher vordergründig waren. Es ging dabei um die Arbeitssuche bzw. um die Arbeit am Hof und den dabei entstehenden Beziehungen, um den Familienstand, also um das ledig oder verheiratet sein und um die Beziehung zwischen den unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten, zwischen dem Bauer, der Bäuerin, der Knechte und Mägde.

Recherche-Folder: translating tradition

00030012

Denise Bonapace

Der Sarner Hut hat neben seiner ursprünglichen Funktion der Kopfbedeckung auch eine kommunikative Eigenschaft. Mit roten oder grünen Bändern symbolisiert er den Frauen, ob sein Träger noch zu haben oder schon verheiratet ist. Bei der Kopfbedeckung von Denise Bonapace ist die kommunikative Seite des Hutes verallgemeinert in den Vordergrund getreten. Der Hut – der sowohl als Briefkuvert als auch als Kopfbedeckung funktioniert – befreit und visualisiert symbolisch Gedanken und Wörter, die im Kopf gefangen sind.

__fabrics interseason

__fabrics interseason startet vom letzten Überbleibsel der männlichen Südtiroler Alltagstracht: dem blauen Schurz. Er wird noch heute von vielen Südtirolern stolz getragen. Die übliche Umnutzung, den Schurz als Saatkorb, zum Äpfel pflücken oder als „Aktentasche” bei Amtsgängen zu benutzen, war der Ausgangspunkt für die Bearbeitung des blauen Schurzes. Durch Druckknöpfe und Knoten wird aus dem Schurz ohne Schnittänderung und zusätzliche Naht eine funktionsfähige Tasche.

Max Lamb

Im Alltag der Knechte und Mägde war der Besitz sehr karg. Doch egal wie arm, zum persönlichen Eigentum gehörte immer ein Löffel, der die Knechte und Mägde von Hof zu Hof, und somit von Arbeit zu Arbeit begleitet hat. Max Lamb hat den Gedanken des individuellen Essinstruments auf Material und Form übertragen und für die Ausstellung eine Serie von Löffeln geformt und ausgearbeitet. Wie früher auch, gleicht kein Löffel dem Anderen, und wird so zum individuellen Gebrauchsgegenstand.

Luisa Lorenza Corna

Die Botschaften der Fächersprache, die Frauen erlaubte im 19. Jahrhundert ohne Worte mit Männern zu kommunizieren, wurde von Luisa Lorenza Corna in eine scheinbar bedeutungslose Druckgraphik interpretiert, die Botschaften erst durch das Falten preisgibt. Eine Vielzahl verschiedener Botschaften liegt auf derselben Ebene, so wie der Fächer eine Vielzahl von Bedeutungen senden kann. Die Art, wie wir Objekte benützen, verändern und verzerren, zeigen – gewollt oder ungewollt – Sprachfragmente und Wünsche der Menschen und deren Umfeld.

Julia Lohmann & Gero Grundmann

Direkt nach der Geburt war die Furcht vor Unglück, Hexen und Dämonen sehr groß. Das Neugeborene war noch nicht christlich getauft und so ungeschützt und wehrlos gegen böse Geister. Zum Schutz für die Wöchnerin und das Neugeborene kommen weibliche Verwandte und bringen Lebensmittel in weißer Farbe: Weißbrot, Hefegebäck, Eier oder Zucker. Das Eichhörnchen von Julia Lohmann und Gero Grundmann, der verschlüsselte Botschaften an das Kind enthält, vereint den Schutz und die guten Wünsche.

Sophie Krier

In verschiedenen Südtiroler Festtagstrachten trug die Bäuerin als Zeichen ihres Standes am Gürtel einen Schlüssel, Spicker oder ein Messer. Sie zeigte dadurch ihren Stand als Herrin über den Hof. Sophie Krier interviewte 10 Frauen, um nach ihren persönlichen „Schlüssel” und menschlichen Werten, die ihrer Meinung nach Wartung und Reparatur benötigen, zu recherchieren. Eine Auswahl der Antworten wurde in Interpretationen übersetzt, um persönliche Bedeutungen von Macht und das Bedürfnis nach Dialog festzuhalten und zu veranschaulichen.

Drucksachen
Weitere Materialien

Soundarbeit von Stefano Bernardi zum Thema “Ins Weißet gian”

Mit Unterstützung von

Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Kulturabteilungen
Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abteilung Handwerk Industrie und Handel
Tecnomag
EOS-Solutions for Business
Heinrich Gasser
Parkhotel Laurin