Die Andersartigkeit als Potential
Gespräche über Design und Architektur als Mittler von Veränderung
Im Rahmen dieser Vortragsreihe beschäftigt sich Lungomare mit der Idee der Stadt als gesellschaftlichem Raum. Wir denken an die Stadt und ihre gemeinschaftlichen Plätze als ein Medium, das die Veränderungen, die derzeit in unserer Gesellschaft stattfinden, sichtbar machen kann, als Ort des Kontaktes und der Begegnung zwischen verschiedenen Kulturen und Personen, ein Ort, an dem die Andersartigkeit zum Hauptakteur wird. Die drei Termine stellen eine Gelegenheit zum Austausch und zur Auseinandersetzung mit Designern und Entwurfskollektiven dar, um die städtischen Räume zu hinterfragen, die sich wandeln und radikalisieren, indem sie Aspekte wie den Begriff des „anderen“, von „Identität“, von „Zugehörigkeit“ und „Gastfreundschaft“ schwächen. Durch diese Initiative wollen wir uns mit den Potenzialen des öffentlichen Raumes, die als Teil eines Integrations- und Transformationsprozesses der Kulturen verstanden werden, mit den gesellschaftsstrukturellen Hindernissen und Barrieren beschäftigen. An den drei Gesprächsrunden nehmen Entwerfer teil, deren praktische Tätigkeit auf einer interdisziplinären Zusammenarbeit und auf einer gemeinschaftlichen Nutzung basiert, um neue Perspektiven auf unsere Gegenwart zu gewinnen.
05.04.2018
Zeno Franchini und Francesca Gattello
MARGINAL ist ein Büro, das aus zwei Designern besteht, deren Anliegen die Forschung ist, wobei sie die Randbereiche der Entwurfsdisziplinen und die Rolle, die diese bei der Veränderung der Gesellschaft übernehmen können, untersuchen. MARGINAL bedient sich Prototypen, Installationen, Texten und Filmen, um die Produktion von „Objektwelten“ und Räumen sowie deren Auswirkung auf die ganze Welt zu erforschen und zu dokumentieren. Die Praxis von MARGINAL entwickelt sich in einem ständigen Dialog mit anderen Berufen, Ressorts und Kulturen. Innerhalb der Logik von Design und Kunst, sich dieser aber auch widersetzend, stellen Zeno Franchini und Francesca Gattello einen konstruktiven Dissens her, indem sie die Interaktion als Form gesellschaftlicher Praxis und politischen Bewusstseins erproben.
Zeno Franchini – Designer mit einem Abschluss als MA in Social Design an der Designakademie in Eindhoven.
Francesca Gattello – Designerin mit einem Abschluss als MA in Produktdesign am Polytechnikum in Mailand.
http://www.marginalstudio.com/about/
Teilnahmen:
2016 Todaysart Festival, Den Haag, NL
2016 ETAC Art Residency, La Panacée, Montpellier, FR
2015 AA Visiting School, Vitanje, SLO
2014 Today was Tomorrow, Swiss Pavillion, Venice Architecture Biennale, Venice, IT
Ausstellungen:
2017 La Triennale Design Museum, Milan, IT
2016 La Panacée, Montpellier, FR
2015 Depot Basel, Basel, CH
2015 Het Nieuwe Instituut, Rotterdam, NL
2015 London Design Festival, London, GB
2015 Kazerne, Eindhoven, NL2014 Museum Arte Util, Eindhoven, NL
Nominierungen:
2016 Coal Prize, Paris, FR
2016 Keep an Eye Grant, Eindhoven, NL
19.04.2018
Die Tätigkeit von Pablo Calderón Salazar konzentriert sich auf die Zusammenarbeit mit ortsansässigen Partnern in den unterschiedlichen Kontexten, in denen sich seine Projekte entwickeln: mit einem Schmied in Riga, einem Chocolatier in Lüttich, dem Leiter einer Gemeinde in Utrecht oder mit Arbeitern, die in das holländische Nordoostpolder-Gebiet eingewandert sind. Salazar interpretiert auf einfühlsame Weise die Interessen seiner Gesprächspartner und bedient sich dabei des Dialogs als Hauptinstrument seiner Tätigkeit. Unter Berücksichtigung der politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen, unter denen die Projekte entwickelt werden, produziert Salazar Texte, Installationen, Grafiken, Videos, Interventionen und Objekte, die darauf abzielen, eine Reflexion über Themen mit großer gesellschaftlicher Relevanz zu erzeugen, und begleitet seine kritische Herangehensweise mit einem konstruktiven Schub hin zu besseren Formen von Lebensgemeinschaften.
Michael Kaethler ist ein Forscher, dessen Fokus sich auf Politikwissenschaften, Sozialanthropologie, slawische Literatur und slawischen Film sowie auf Stadtplanung erstreckt. Er beteuert, sich weder mit der Figur des Designers noch mit der des Wissenschaftlers zu identifizieren, da er, ohne den Zusammenhängen oder dem theoretischen Rahmenwerk dieser beiden Funktionen zuzustimmen, lieber zwischen verschiedenen Bereichen agiert und dabei unterschiedliche Rollen übernimmt, was die Bestimmung „unwahrscheinlicher Formen theoretischen und praktischen Bastelns“ nach sich zieht. Seine Recherchen haben dazu geführt, dass er sich damit beschäftigt, wie die Wissensverbreitung von der Vormundschaft ausgerichtet sein kann – eine Perspektive und eine Praxis, in denen verschiedene Wissenstypen aufeinandertreffen sowie vermittelt und interpretiert werden.
Pablo Calderón Salazar – Designer, ist Doktorand im Rahmen des Projekts TRADERS (Training Art and Design Researchers for Participation in Public Space) an der Katholischen Universität in Leuven. Er studierte Produktdesign in Bogotá (Kolumbien) und social design in Eindhoven (Niederlande). In seiner gegenwärtigen Forschung (PhD), beschäftigt er sich mit der Praxis der Designvermittler und der Designvermittlung als Möglichkeit die Beteiligung von Bürgern an öffentlichen Prozessen und Themen zu verstärken.
Michael Kaethler – Soziologe, ist Marie Curie-Forschungsstipendiat und Doktorand im Rahmen des Projekts TRADERS (Training Art and Design Researchers for Participation in Public Space) an der Katholischen Universität in Leuven. Kaethler ist Dozent für Theorie und wissenschaftliches Schreiben im Master Programm Social Design an der Design Academy Eindhoven. Davor arbeitete er als Menschenrechtsforscher für die UN in Konflikt- und Post-Konflikt-Regionen wie Afghanistan, Somalia, Pakistan und Sierra Leone.
17.05.2018
“Lampedusa. Bildergeschichten vom Rande Europas”
Anne König und Emilie Josso
Die Herausgebertätigkeit von Spector ist am Schnittpunkt zwischen Kunst, Theorie und Design angesiedelt. Dieser Verlag aus Leipzig untersucht die Möglichkeiten, die sich durch einen aktiven Austausch zwischen den verschiedenen Personen bieten, die in die Prozesse der Buchproduktion eingebunden sind: Künstler, Autoren, Buchgestalter, Lithografen, Drucker und Buchbinder. Das Buch in seiner Eigenschaft als Medium verwandelt sich in eine Bühne, in einen Ort der Begegnung und des produktiven Austauschs. Im Jahr 2017 hat Spector Books „Lampedusa. Bildgeschichten vom Rande Europas“ über ein Projekt der Migrant Images Research Group publiziert, an dem die Verleger selbst zusammen mit dem Fotografen Armin Linke beteiligt sind. Da heute die Bilder genauso in Bewegung sind wie die Menschen, hat Armin Linke anlässlich der Einladung zur Teilnahme an einem Fotoprojekt über Lampedusa seine Kamera zu Hause gelassen und stattdessen ein Team der Universität Karlsruhe mitgenommen, damit sie mit den ortsansässigen Fotografen über ihre Fotografien sprechen könnten. Das gesammelte Material ist in dem Buch enthalten, das bei Lungomare präsentiert wird.
Anne König – Verlegerin (Spector Books), Leipzig.
Anne König lebt als Verlegerin und Autorin in Leipzig. Zusammen mit Markus Dreßen und Jan Wenzel hat sie 2001 den Verlag Spector Books gegründet. Gemeinsam mit Armin Linke und der Migrant Image Research Group hat sie an der Photo-Graphic-Novel Lampedusa – Bildgeschichten vom Rande Europas gearbeitet. Das Buch erschien im Herbst 2017. Zur Zeit co-kuratiert zum zweiten Mal gemeinsam mit Jan Wenzel das 8. Festival für Fotografie f/stop Leipzig.
Emilie Josso – Illustratorin, Bologna.
Emilie Josso ist eine französische Illustratorin, die in Bologna (Italien) lebt und arbeitet. Sie studierte Illustration in Paris, Bologna und Hamburg. Mit Spector Books arbeitete sie an der visuellen Forschung über die Repräsentation der Mittelmeerinsel Lampedusa in den Medien. Derzeit arbeitet sie an zwei Comic-Projekten (eines auf Italienisch und eines auf Deutsch). Beide Comics beruhen auf Recherchen mit historischem Material, sowohl in Archiven als auch Interviews (oral history).
Jetzt und bald
AUSSTELLUNG :: Binta Diaw :: Collective Practices – A Living Experience of Feeling ListenedÜber Lungomare
Lungomare, 2003 in Bozen gegründeter Kulturverein, versteht sich als ein Projektraum, in dem auf das Bedürfnis und die Notwendigkeit reagiert werden kann, Ideen, Meinungen, Erfahrungen und Differenzen auszutauschen und kulturelle Aktivitäten in ihrem politischen und sozialen Kontext zu erfahren. Lungomare erforscht und erprobt in seinen Projekten das Beziehungsgeflecht zwischen Design, Architektur, Stadtplanung, Kunst und Theorie und präsentiert diese anhand unterschiedlicher Formate: Publikumsgespräche, Symposien, Publikationen, Ausstellungen und Interventionen im öffentlichen Raum. Sie sind darauf ausgerichtet, in die kulturellen und sozio-politischen Prozesse des von Lungomare bespielten Territoriumseinzugreifen. Aktuell konzentrieren sich die Aktivitäten von Lungomare auf Projekte langfristiger Residencies: Die Gäste von Lungomare sind eingeladen, sich im und mit dem Kontext Südtirol auseinander zu setzen und in diesem zu agieren. Die Aktivitäten von Lungomare sind an folgenden drei Prinzipien ausgerichtet: eine spezifische Aufmerksamkeit für das Umfeld, in dem die Projekte durchgeführt werden, der transdisziplinäre Zugang, der sie kennzeichnet und die Reflexion über die Rolle von Lungomare als Kulturinstitution im Kontext seines bespielten Ortsgebietes.
ChronologieTerritorium
Lungomare befindet sich am Ortsrand von Bozen, der Hauptstadt Südtirols und versucht die Bezüglichkeiten zu seinem Umfeld anschaulich zu machen, indem es seine verändernden Dynamiken thematisiert. Bozen ist durch eine Mischung dichter Wohngebiete und ausgedehnter Grünflächen charakterisiert. Letztere werden weitgehend landwirtschaftlich genutzt und durchdringen vielerorts und bis ins Zentrum das urbane Stadtgebiet, was der Stadt eine landschaftlich pittoreske und besondere Note verleiht. Die es umringenden Berge tragen ebenso zum hohen touristischen Image der Stadt Bozen und seiner Umgebung bei und sind unter anderem der Grund, warum die Region wirtschaftlich vor allem durch seinen Tourismus boomt. Die demografische Struktur der Stadt ist seit geraumer Zeit durch das Zusammenleben zweier Bevölkerungsgruppen, der deutsch- und der italienischsprachigen geprägt. Die soziale und demografische Zusammensetzung der Bevölkerung ist heute im Wandel. Migranten auch aus nichteuropäischen Ländern lassen sich hier nieder oder durchqueren die Region, zum Teil auf der Suche nach politischem Asyl