Summer Drafts
Workshops, Diskussionen, Events
Summer Drafts ist eine Serie von Workshops, Diskussionen und Events, die unter Miteinbeziehung internationaler Künstler und Theoretiker und im Austausch mit regionalen interkulturellen Vereinen, Methoden der Partizipation und der Selbstorganisation vorschlagen. Das gemeinsame Interesse der diversen Aktionen des Projektes ist die Beschaffenheit und das Potential informeller Orte einer Stadt. Summer Drafts möchte einen Dialog forcieren und strategische Aktionen entwickeln, um Formen des interkulturellen Zusammenlebens im Territorium zu experimentieren.
Struktur des Projektes
Die vier Künstler bzw. Künstlerkollektive arbeiten in den Workshops mit einer kleinen Gruppe italienischer, deutscher, ladinischer, und mit Teilnehmern anderer kulturellen regionalen Sprachgruppen zusammen. Neben den Workshops präsentiert Summer Drafts auch öffentliche Diskussionen zu den Arbeitsweisen der Künstler in der Galerie Lungomare, sowie ein Abendworkshop für Sozialarbeiter und interkulturelle Mediatoren mit dem Anthropologen und Stadtplaner Franco La Cecla.
Das Projekt bespielt abwechselnd öffentliche und private Räume der Stadt Bozen: Franco La Cecla spricht zur Eröffnung am Vormittag im Rahmen eines informellen Frühstücks in Lungomare gemeinsam mit geladenen Gästen über sein neues Buch „Contro l’architettura“, UNWETTER organisiert am Nachmittag ein diskursives Picknick auf der Talferwiese. In der darauffolgenden Woche finden Workshops mit Amy Plant und dem Committee for Radical Diplomacy statt. Diese bearbeiten sowohl informelle Räume der Stadt, wie auch private Räume diverser interkulturellen Vereinen, wie Donna Nissà und Giant-Bi. Parallel zu den Workshops stellen die Künstler ihre Arbeiten in Diskussionen und Events in der Galerie Lungomare vor. Als abschließende Aktion kocht der Künstler Hiwa K – im Skype-Austausch mit seiner Mutter im Irak – für die Besucher.
Das Projekt Summer Drafts entsteht im engen Austausch mit Vereinen aus Bozen, welche sich mit den „Minderheiten“ dieser Region beschäftigen, und versucht so zwischen Künstlern und Stadtbewohnern eine effektive vermittelnde Rolle einzunehmen. Der Leitfaden der Workshops, Diskussionen und Events ist die Thematik der „informalen Räume“. Informale Räume sind zwanglose Treffpunkte, die weder durch Einrichtungen reguliert werden, noch vorgefertigten Formen entsprechen, sondern die nur durch das Zusammenwirken der Personen bestehen.
Summer Drafts bietet Möglichkeiten und stellt Arbeitsmodelle vor, die sich mit Komplexitäten auseinandersetzten, welche entstehen, wenn unterschiedliche, kulturelle Gruppen an einem bestimmten Ort zusammenleben. Das Projekt ist somit eine Plattform für den Austausch und erprobt eine mögliche kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen beteiligten Sichtweisen.
Ein Projekt im Rahmen von „parallelevents to Manifesta7“.
Lungomare und öffentlicher Raum in Bozen
In Zusammenarbeit mit:
Donne Nissà, Porte Aperte, Fondazione Langer, Giant-Bi, Volontarius, Mosaik, Latinoamerica y su gente
20.07.2008
11 Uhr, Lungomare Gallery: Diskussion mit Franco La Cecla
14 Uhr, Talferwiese: Discursive Picnic mit UNWETTER & Alessio Antoniolli
21.07.2008
19.30 Uhr, Lungomare: Workshop mit Franco La Cecla für Sozialarbeiter und interkulturelle Mediatoren
26.07.2008
Workshop mit Amy Plant, Informal Learning
31.07.2008
19.30 Uhr, Lungomare Gallery: Diskussion mit Amy Plant & Committee for Radical Diplomacy
02.08.2008
Workshop mit Committee for Radical Diplomacy – „Fehlt dir etwas?“
08.08.2008
19.30 Uhr, Lungomare Gallery: Event mit HIWA K – „Cooking with Mama“
04.09.2008
18 Uhr: Diskussion (ex Alumix), Die Resultate von Summer Drafts werden im Rahmen des Projektes Tabula Rasa im Manifesta 7 Sitz in Bozen diskutiert.
Stadtbewohner und Gäste sind zu einem Plauder-Picknick eingeladen. Seine „potluck“-Struktur (Essen, bei dem jeder Beteiligte eine Speise mitbringt) ermutigt die Gäste, sich am Picknick zu beteiligen und mit den Lebensmitteln aus der „thermischen Tasche“ von UNWETTER zu kombinieren. Plauder-Picknicks haben einen improvisatorischen Charakter, schaffen somit Raum für Aktionen und bieten eine zwanglose Atmosphäre für Gruppenbildungen und interessante Beziehungsnetze, sowie diskursive Dialoge zwischen den Teilnehmern.
Das Projekt “Summer Drafts” wird mit einem informellen Frühstück und einer Gesprächsrunde mit dem Anthropologen und Architekten Franco La Cecla eröffnet.
Carlo Calderan, Architekt und Chefredakteur der Zeitschrift Turris Babel, leitet das Gespräch, die Künstler des Projektes „Summer Drafts“ diskutieren mit ihm.
Franco La Cecla stellt in diesem Gespräch sein neues Buch “Contro l’architettura” vor. In diesem Buch wird der “Archistar”, sowie die zeitgenössische Architektur analysiert und kritisiert. Das Buch behandelt die Gewichtigkeit der künstlerischen Unterschrift des Architekten und die darauffolgende politisch-kulturelle Unverantwortlichkeit von Seiten des Architekten gegenüber dem Unverständnis der Personen, für die diese dreidimensionalen „Reklametafeln“ (die zeitgenössischen Bauten) erbaut werden. Das System Architektur verschanzt sich hinter dem Anspruch der künstlerischen Unabhängigkeit und Kreativität und es entpuppt sich für die Dynamiken des Marktes und der Machtspiele als völlig ausgedient.
Diese Diskussion anlässlich der Eröffnung von Summer Drafts lädt die Besucher ein, sich mit der Architektur im Zusammenhang mit der Raumaufteilung und somit mit den Personen auseinanderzusetzen. Sie knüpft sich auf diese Weise an die Idee des Projektes Summer Drafts an, welches auch Organisationsstrukturen von “Raum” und somit von Personen untersucht. Summer Drafts macht sich zur Aufgabe, Gesellschaftsformen zu entwickeln, die aus einem zeitgenössischen und künstlerischen Kontext heraus entstehen. Das, was sich in erster Linie von der architektonische Praxis der Beispiele La Ceclas’ und der von der gebauten Praxis der „Gesellschaftsentwürfen“ von Summer Drafts unterscheidet, ist im ersten Fall die isolierte Kreativität. Im zweiten Fall wird explizit auf Menschen und auf ihren Kontext eingegangen.
In seinem Buch bezieht sich La Cecla auf das System der zeitgenössischen Kunst, die ebenso wie die Architektur oft von den spektakulären Mechanismen der Mode und des Trends beeinflusst ist. “Aber”, so La Cecla, “wenn die zeitgenössische Kunst im Museum vorzufinden ist, ist die Architektur beim Volk, und erlegt sich dem auf, der darin zu wohnen und zu leben hat.” Man könnte hinzufügen, dass die zeitgenössische Kunst selbst immer mehr Wohnkunst wird, auch wenn es nur für einen Spaziergang durchs Museum ist. Die “Bezugsästhetik” von Nicolas Bourriaud macht sich zumindest in der Theorie zur Aufgabe, Gesellschaftsmomente und – räume in einer Gesellschaft zu schaffen, in der öffentliche Räume stetig weniger werden. Sowohl im Fall der “Bezugskunst”, zumindest bei den von Bourriaud aufgeführten Beispielen, als auch bei vielen Fällen in der Architektur, haben wir ein künstlerisches Produkt, welches im Studio vorgefertigt wird und dazu gedacht ist, zu möglichst vielen unterschiedlichen Orten (städtisch oder museal) zu passen, um von den eigentlichen Kontexten abzulenken. Es geht hier nicht nur darum, im Rahmen eines speziellen Ortes, interessiert an einem geschichts-geografischem Studio in dieser Region zu arbeiten, noch an einer Soziologiestudie. Es geht auch nicht darum Grundstudien mit Hilfe akademischer Mittel zu leisten. Es handelt sich vielmehr um eine viel komplexere Sache, als es je eine akademische Analyse oder eine solitäre Schaffung vollbringen könnte. Es geht darum, mit den Leuten zu reden, mit ihnen Zeit zu verbringen, ihnen zu zuhören und mit ihnen Sachen zu unternehmen.
Informal learning, informelles Lernen, ist eine Art zu lernen, wie es jeder von uns im Alltag erlebt. Es ist Wissen, welches nicht verschlüsselt ist, und um einen Zugang dazu zu haben, muss man jemanden finden, mit dem man es teilen kann: Wissen ist wertlos, wenn man es für sich behält. Mit der Gruppe Giant-Bi beginnen wir eine Reise auf der Suche nach „informal learning“.
Hast du schon einmal etwas verloren, was du nicht wieder gefunden hast? Oder, umgekehrt, möchtest du dich unbedingt von etwas befreien? Für drei Wochen eröffnet das Committee for Radical Diplomacy in Zusammenarbeit mit Donna Nissà ein verloren/gefunden-Büro für Dinge oder Gedanken. Die Gruppe entwickelt Methoden um Wünsche neu-zu-finden und für Umgangsweisen mit kollektiven Prozessen, Hoffnungen und Ideen.
Als Abschlussevent von Summer Drafts wird Hiwa K gemeinsam mit seiner Mutter kochen. Während Hiwa K kocht, kommuniziert er zeitgleich mit seiner Mutter im Irak via Skype. Das Event soll das Publikum und die Teilnehmer bei der Speisenzubereitung und beim Essen mit einbeziehen. Normalerweise ist es die Mutter, die ihrem Sohn beibringt, ein typisch-iranisches Gericht zu zaubern. Doch in diesem Fall werden es die Teilnehmer von Summer Drafts sein, die sich eine Speise ausdenken und sie von Hiwas Mutter und anderen Leuten an unterschiedlichen Orten zeitgleich kochen lassen. Das fertige Gericht wird ein Übersetzungsversuch von Speisen sein, welcher die Erfahrungen und die Ergebnisse von Summer Drafts zusammenfasst und so symbolisch über die Grenzen des Kontextes von Bozen hinaus in die Welt projiziert.
Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Kulturabteilungen, Abteilung Sozialwesen
Stadt Bozen, Kulturamt, Assessorat für Sozialpolitik und Chancengleichheit
British Council
Jetzt und bald
AUSSTELLUNG :: Binta Diaw :: Collective Practices – A Living Experience of Feeling ListenedÜber Lungomare
Lungomare, 2003 in Bozen gegründeter Kulturverein, versteht sich als ein Projektraum, in dem auf das Bedürfnis und die Notwendigkeit reagiert werden kann, Ideen, Meinungen, Erfahrungen und Differenzen auszutauschen und kulturelle Aktivitäten in ihrem politischen und sozialen Kontext zu erfahren. Lungomare erforscht und erprobt in seinen Projekten das Beziehungsgeflecht zwischen Design, Architektur, Stadtplanung, Kunst und Theorie und präsentiert diese anhand unterschiedlicher Formate: Publikumsgespräche, Symposien, Publikationen, Ausstellungen und Interventionen im öffentlichen Raum. Sie sind darauf ausgerichtet, in die kulturellen und sozio-politischen Prozesse des von Lungomare bespielten Territoriumseinzugreifen. Aktuell konzentrieren sich die Aktivitäten von Lungomare auf Projekte langfristiger Residencies: Die Gäste von Lungomare sind eingeladen, sich im und mit dem Kontext Südtirol auseinander zu setzen und in diesem zu agieren. Die Aktivitäten von Lungomare sind an folgenden drei Prinzipien ausgerichtet: eine spezifische Aufmerksamkeit für das Umfeld, in dem die Projekte durchgeführt werden, der transdisziplinäre Zugang, der sie kennzeichnet und die Reflexion über die Rolle von Lungomare als Kulturinstitution im Kontext seines bespielten Ortsgebietes.
ChronologieTerritorium
Lungomare befindet sich am Ortsrand von Bozen, der Hauptstadt Südtirols und versucht die Bezüglichkeiten zu seinem Umfeld anschaulich zu machen, indem es seine verändernden Dynamiken thematisiert. Bozen ist durch eine Mischung dichter Wohngebiete und ausgedehnter Grünflächen charakterisiert. Letztere werden weitgehend landwirtschaftlich genutzt und durchdringen vielerorts und bis ins Zentrum das urbane Stadtgebiet, was der Stadt eine landschaftlich pittoreske und besondere Note verleiht. Die es umringenden Berge tragen ebenso zum hohen touristischen Image der Stadt Bozen und seiner Umgebung bei und sind unter anderem der Grund, warum die Region wirtschaftlich vor allem durch seinen Tourismus boomt. Die demografische Struktur der Stadt ist seit geraumer Zeit durch das Zusammenleben zweier Bevölkerungsgruppen, der deutsch- und der italienischsprachigen geprägt. Die soziale und demografische Zusammensetzung der Bevölkerung ist heute im Wandel. Migranten auch aus nichteuropäischen Ländern lassen sich hier nieder oder durchqueren die Region, zum Teil auf der Suche nach politischem Asyl