Wann – wenn nicht jetzt?
Summer Drafts – Dialoge über die Jetztzeit
Wann hast du dich das letzte Mal mit einem völlig unbekannten Menschen unterhalten? Z. B. mit einem Ausländer? Etwa im Zugabteil oder auf der Post, während ihr Schlange gestanden seid? Du kannst dich nicht mehr daran erinnern? In unseren Städten wird es immer schwieriger, sich außerhalb der gewöhnlichen und gewohnten Kreise zu begegnen. Das Stadtleben flacht zunehmend ab und wird vorhersehbar und unspannend. Doch wenn wir davon ausgehen, dass Gemeinschaftssinn eine notwendige Voraussetzung für das politische Leben ist, was drückt die zeitgenössische Befangenheit im Begegnen des Anderen aus?
An drei Abenden sprechen die Künstler und Theoretiker der zweiten Edition von Summer Drafts über ihre Arbeitsweisen und Denkmodelle, Kunst und Gesellschaft wechselseitig zu beeinflussen, am letzten Abend referiert Sandro Mezzadra über das Recht zur Flucht, das sesshafte Bürger und Migranten weltweit verbindet. Am ersten und dritten Abend werden in einer disziplinübergreifenden Gesprächsrunde die unterschiedlichen Gedankenansätze mit dem Kontext Südtirol verglichen, und über mögliche Perspektiven der Umsetzung diskutiert.
Programm
Montag, 05.07.2010, 19 Uhr
Migrantinnen in der Sexarbeit
mit: Kim Carrington, Marissa Lobo (Maiz, Linz), Betty / Sexyshock (Bologna)
Dienstag, 06.07.2010, 19 Uhr
Schizoanalyse-Lab
mit: Javier Toret (Barcelona)
Mittwoch, 07.07.2010, 19 Uhr
Kunst und Gesellschaft: Modelle für neue Perspektiven
mit: Elliot Perkins (Ultra-Red, London), Meike Schalk & Erika Mayr (Stockholm, Berlin), Cecilia Stefanelli (Donne Nissà, Bozen), Simone Bracalente (Volontarius, Bozen), Patrizia Trincanato (Stadträtin für Kultur der Gemeinde Bozen)
Donnerstag, 09.07.2010, 19 Uhr
Das Recht zur Flucht
ein Vortrag von: Sandro Mezzadra (Bologna)
Weitere Infos: www.summerdrafts.org
Lungomare
In Zusammenarbeit mit Summer Drafts
Montag, 05.07.2010, 19 Uhr
Mit: Kim Carrington, Marissa Lobo (Maiz, Linz), Betty / Sexyshock (Bologna)
Sexyshock ist ein Kommunikations-Workshop für Frauen und ein öffentlicher Diskussions- und Bearbeitungsraum. Sexyshock versteht sich somit gleichermaßen als Forschungsprojekt und als Ort: ein öffentlicher Raum zum Versammeln und Material-Archivieren; eine Infostelle zur Sicht- und Nutzbarmachung von ‘Frauenwegen’; ein Workshop über Sexualität.
Sexyshock ist am 1. Dezember 2001 in einem selbstorganisierten Raum (dem Teatro Polivalente Occupato in Bologna) entstanden und hat heute seinen Sitz im Betty&Books (Via Rialto 23, Bologna), einem Sextoys-, Bücher-, Design- und Sammlerobjekteladen, der aus dem Zusammenwirken der Ideen und Praktiken von Sexyshock und der Genossenschaft Ibiscus hervorgegangen ist. Die Genossenschaft wurde von einer gewissen Betty mit ein paar anderen gegründet; gemeinsam haben sie überlegt, wie sie die erworbenen Reflexionserkenntnisse und Feingefühle als Ressource für den Broterwerb hätten nutzbar machen können.
06. + 08.07.2010
Mit: Javier Toret (Barcelona)
Der Spanier Javier Toret bietet einen Workshop an, der sich der schizoanalytischen Praxis Felix Guattaris widmet. Die (in Italien kaum bekannte) Schizoanalyse entwickelte Guattari in den Siebziger Jahren als kritische Alternative zur traditionellen Psychologie und Psychoanalyse. In Ländern wie Spanien, Brasilien und Argentinien stellt sie heute eine bedeutende Referenz nicht nur in den „Psy“-Disziplinen dar, sondern auch für künstlerische Ansätze, die Körper, Subjektivität und Verlangen erkunden.
Im Workshop geht es um das ‚Verlangen‘, das beim Zusammentreffen von Körper und Objekten entsteht. Mit ‚Verlangen‘ sind dabei die Verbindungen zu disparaten Elementen der uns umgebenden Realität gemeint – jenseits der Trennung von Körper und Bewusstsein und der Welt um uns.
Mittwoch, 07.07.2010, 19 Uhr
Gespräch mit: Elliot Perkins (Ultra-Red, London), Meike Schalk & Erika Mayr (Stockholm, Berlin), Cecilia Stefanelli (Donne Nissà, Bozen), Simone Bracalente (Volontarius, Bozen), Patrizia Trincanato (Stadträtin für Kultur der Gemeinde Bozen)
Die schwedische Landschaftsarchitektin Meike Schalk und die Imkerin Erika Mayr errichten zusammen mit Donne Nissà und den Anwohnern im Don Bosco-Viertel einen urbanen Nutzgarten. Im Garten werden nicht nur Pflanzen und Gemüse angebaut, sondern auch Beziehungen und Freundschaften.
Donnerstag, 09.07.2010, 19 Uhr
Ein Vortrag von: Sandro Mezzadra (Bologna)
Sandro Mezzadra, ein post-fordistischer Politologe und international bekannter Migrations-Forscher, hält einen öffentlichen Vortrag über das „Recht zur Flucht“. Dabei wird es um die Flucht vor einer ‚Festschreibung‘ von Bürger gehen, ob Einwanderer oder nicht.
Freitag, 10.07.2010, 11 Uhr
Seminar mit Sandro Mezzadra
Ausgehend vom Südtiroler Kontext und von den konkreten Erfahrungen der TeilnehmerInnen diskutiert Sandro Mezzadra im Rahmen eines informellen Gesprächs mit dem Netzerk für die Rechte von Menschen ohne Mitsprache über alte und neue Rechte von MigrantInnen.
Autonome Provinz Bozen-Südtirol, die Kulturabteilungen
Jetzt und bald
AUSSTELLUNG :: Binta Diaw :: Collective Practices – A Living Experience of Feeling ListenedÜber Lungomare
Lungomare, 2003 in Bozen gegründeter Kulturverein, versteht sich als ein Projektraum, in dem auf das Bedürfnis und die Notwendigkeit reagiert werden kann, Ideen, Meinungen, Erfahrungen und Differenzen auszutauschen und kulturelle Aktivitäten in ihrem politischen und sozialen Kontext zu erfahren. Lungomare erforscht und erprobt in seinen Projekten das Beziehungsgeflecht zwischen Design, Architektur, Stadtplanung, Kunst und Theorie und präsentiert diese anhand unterschiedlicher Formate: Publikumsgespräche, Symposien, Publikationen, Ausstellungen und Interventionen im öffentlichen Raum. Sie sind darauf ausgerichtet, in die kulturellen und sozio-politischen Prozesse des von Lungomare bespielten Territoriumseinzugreifen. Aktuell konzentrieren sich die Aktivitäten von Lungomare auf Projekte langfristiger Residencies: Die Gäste von Lungomare sind eingeladen, sich im und mit dem Kontext Südtirol auseinander zu setzen und in diesem zu agieren. Die Aktivitäten von Lungomare sind an folgenden drei Prinzipien ausgerichtet: eine spezifische Aufmerksamkeit für das Umfeld, in dem die Projekte durchgeführt werden, der transdisziplinäre Zugang, der sie kennzeichnet und die Reflexion über die Rolle von Lungomare als Kulturinstitution im Kontext seines bespielten Ortsgebietes.
ChronologieTerritorium
Lungomare befindet sich am Ortsrand von Bozen, der Hauptstadt Südtirols und versucht die Bezüglichkeiten zu seinem Umfeld anschaulich zu machen, indem es seine verändernden Dynamiken thematisiert. Bozen ist durch eine Mischung dichter Wohngebiete und ausgedehnter Grünflächen charakterisiert. Letztere werden weitgehend landwirtschaftlich genutzt und durchdringen vielerorts und bis ins Zentrum das urbane Stadtgebiet, was der Stadt eine landschaftlich pittoreske und besondere Note verleiht. Die es umringenden Berge tragen ebenso zum hohen touristischen Image der Stadt Bozen und seiner Umgebung bei und sind unter anderem der Grund, warum die Region wirtschaftlich vor allem durch seinen Tourismus boomt. Die demografische Struktur der Stadt ist seit geraumer Zeit durch das Zusammenleben zweier Bevölkerungsgruppen, der deutsch- und der italienischsprachigen geprägt. Die soziale und demografische Zusammensetzung der Bevölkerung ist heute im Wandel. Migranten auch aus nichteuropäischen Ländern lassen sich hier nieder oder durchqueren die Region, zum Teil auf der Suche nach politischem Asyl